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07.04.2015

"Das Recht der Alten auf Eigensinn"

Demenz-Experte Erich Schützendorf eröffnet neuen Blick aufs Altern und Menschen mit Demenz


Foto: St. Monika
Erich Schützendorf, bekannter Experte für Menschen mit Demenz, war zu Gast in Hameln. Eingeladen von den Pflegeeinrichtungen Scharnhorst Residenz und St. Monika hat er seine Thesen für einen entspannten und liebevollen Umgang mit Menschen mit Demenz in der Altenpflege vorgestellt.

Den Eigensinn von Menschen mit Demenz verstehen und aushalten. Erich Schützendorf, der sich seit rund 40 Jahren mit dem Thema "Demenz" beschäftigt, weiß: "Menschen mit Demenz verlassen die Welt des Verstandes, aber sie entdecken immer häufiger die Welt des Spielerischen und der Zweckfreiheit. Die Würde der alten Menschen darf deshalb nicht einseitig  mit Rationalität und Funktionalität gleichgesetzt werden."

Der Referent wirft einen liebevollen Blick auf die Menschen mit Demenz und deren Eigensinn. Anhand von Filmsequenzen zeigt er die Qualitäten eines Lebens ohne Verstand und hält ein Plädoyer für die Passivität des täglichen Lebens. Er weiß aber auch, dass die Menschen, die sich vom Verstande weg entwickeln, sehr viel Energie bei denen absaugen, die bereit sind, sie auf ihrer Reise in das "Meer der Verrücktheit" zu begleiten. Er hat deshalb den Teilnehmern empfohlen, sich als Festlandbewohner zu begreifen, die immer wieder in das „Meer der Verrücktheit“ eintauchen müssen. Bei diesen Tauchgängen, bei denen sie ganz bei den alten Menschen sein sollen, dürften sie allerdings das Auftauchen nicht vergessen. Die "Festlandbewohner" brauchen zum Überleben Rettungsboote, Druckkammern zum Ausbalancieren und Inseln, in denen sie für die Menschen, die Hilfe benötigen, nicht zur Verfügung stehen.

Eine alte Dame, die ihre Brille mit einer Scheibe Wurst "putzt", muss nicht korrigiert werden, man kann sie auch bewundern. Schützendorf stellt die gewohnten Reaktionen von Angehörigen und Pflegenden in Frage und zeigt Alternativen für andere Formen des Umgangs auf. Die Pflegekräfte müssen den Menschen mit Demenz nicht erklären, dass sie trinken müssen, sie sollten sie stattdessen zum Trinken verführen. Passivität, so betonte der Referent in dem Tagesseminar immer wieder, ist erfolgversprechender als Aktivität.

Verständnis für die menschlichen Schwächen beider Seiten aufbringen. Ein entspannter Umgang mit den Demenzkranken. Praxisnah und mit vielen Beispielen gespickt eröffnet Schützendorf allen Betroffenen verschiedene Wege, jedoch ohne den Finger zu erheben. Am Ende der Veranstaltung wünschte Marius Marczik, Pflegedienstleiter der Scharnhorst Residenz, allen Teilnehmern, eine erfolgreiche Umsetzung der Tipps im Pflegealltag.

v. l. n. r.: Annika Dahl, Pflegedienstleiterin im Pflegeheim St. Monika, Referent und Demenz-Experte Erich Schützendorf, Marius Marczik, Pflegedienstleiter in der Scharnhorst Residenz

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